
Jungunternehmen erfolgreich aufbauen
- On 18. April 2017 /
- In Allgemein
„Startups sind nicht kleine Großunternehmen!“ – die Erkenntnis ist nicht neu. Was bedeutet das für den Aufbau und das Führen eines Jungunternehmens?
Eng mit dieser Frage verbunden ist der Umstand, dass wir Forschung im Bereich Unternehmertum erst seit vergleichsweise kurzer Zeit durchführen – rund 30 Jahre; das ist wenig im Vergleich zur Disziplin des Managements, mit der wir uns seit rund 250 Jahren beschäftigen (z.B. Adam Smith, „the Wealth of Nations„, London 1776; mit einigen Teildisziplinen noch wesentlich länger, z.B. Buchführung).
Gibt es nun Regeln, wie man ein Unternehmen gründen und aufbauen soll? Ja, die gibt es. Nur sind sie (noch?) nicht ganz so einfach fassbar wie viele Techniken des Managements. Denn die Übergänge zwischen Forschungsprojekt, Startup, Wachstumsunternehmen und etablierter Firma sind fliessend, aber die in den einzelnen Phasen verwendeten Methoden und Tools unterscheiden sich ganz erheblich und sollten auch klar nur in der richtigen Phase angewendet werden.
Das folgende Denkschema hilft bei der Analyse: Das Schema schlägt vor, dass sich die Entwicklung eines Unternehmens in zwei bis drei Phasen abspielt:
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In einer ersten Phase, die weit nicht alle Unternehmen durchlaufen, geht es darum, eine Technologie zu entwickeln. Diese Phase findet meist in Forschungsstätten statt. Resultat des Prozesses ist eine Technologie oder ein geistiges Eigentum („IP“), die Grundlage sind für den Aufbau eines Unternehmens. Viele Unternehmen führen diesen Schritt nicht durch, sondern arbeiten mit der IP anderer Unternehmen oder mit öffentlich verfügbarer Technologie. Neue Technologien können erhebliche langfristige Vorteile bieten, indem sie einen Vorsprung sichern – aber sehr häufig sind neue Technologien auch mit ganz erheblichen Schwierigkeiten bei der Markteinführung verbunden.
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Die zweite Phase, „Business finden“, gilt für alle Unternehmerinnen und Unternehmer und alle Unternehmen. Denn ob nun eine Bäckerei eine weitere Filiale öffnet oder ob ein Pharma-Konzern ein weiteres Produkt in den Markt gibt: Ob dieses neue Geschäft erfolgreich wird, weiß man erst, wenn es erfolgreich ist. „Erfolg“ heißt dabei, dass dieses neue Unternehmen seine Kosten deckt und einen ausreichenden Unternehmerlohn abwirft, so dass das Vorhaben langfristig überleben kann. Entscheidend dabei: In dieser Phase ist Erfolg nicht planbar und nicht vorhersagbar. Dementsprechend muss man die Werkzeuge für die Führung so wählen, dass man mit dieser Unplanbarkeit zurecht kommt.
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In der dritten Phase „Geschäft skalieren“ geht es darum, mit diesem „Business“, welches Resultat der vorherigen Phase war, Geld zu verdienen – mehr Kunden finden, Produkte effizienter herstellen, Personal gezielt einstellen, Führungsstrukturen und Prozesse aufbauen und so weiter. Diese Phase kennen und verstehen wir – damit beschäftigt sich die einschlägige Managementliteratur.
Interessant aus Sicht des Startups ist primär Phase 2 sowie der Übergang in Phase 3. Was wissen war dazu?
In der Phase „Business finden“ ist nicht das klassische Management gefragt, sondern ein spielerisches Suchen nach derjenigen Geschäftsmöglichkeit, die nachhaltig und langfristig das Überleben sowie das Wachstum im angestrebten Rahmen erlauben.
Das große Problem dabei: Diese Tätigkeit ist nicht vorhersagbar und nicht planbar.
„Nicht vorhersagbar“ bedeutet: Niemand kann abschätzen, ob ein neues Unternehmen erfolgreich sein wird. Nicht die Unternehmerin, nicht der Verwaltungsrat, nicht die Coaches, nicht die externen Experten. Etliche Forschungsarbeiten haben dies auf eindrückliche Art gezeigt. Wir können nicht prognostizieren, welche Unternehmen erfolgreich sein werden und ob ein bestimmtes Unternehmen erfolgreich sein wird. Wir kennen bestimmte Faktoren, welche schwach mit der Erfolgswahrscheinlichkeit zusammenhängen – aber aus diesen lassen sich keine Prognosen über den Erfolg ableiten.
„Nicht planbar“ bedeutet: Ein Unternehmer kann den Erfolg seines Vorhabens nicht planen, also die Zukunft in Form eines Planungsdokuments vorwegnehmen. Tatsächlich gibt es offenbar keinen statistischen Zusammenhang zwischen dem Inhalt des Businessplans und der später tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.
Nun gibt es aber auch Erkenntnisse, was man tun kann und soll, um die Erfolgswahrscheinlichkeit der unternehmerischen Tätigkeit zu erhöhen. Hier ein paar Ansätze:
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Es ist zwar wichtig, einen Businessplan zu schreiben (um sich mit den verschiedenen Fragestellungen auseinander zu setzen), aber das Resultat (das fertige Dokument) ist nicht weiter wichtig (und im Gegenteil darf man sich keinesfalls sklavisch an den Businessplan halten).
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Wer früher einmal ein Unternehmen aufgebaut hat und die Branche sowie das Geschäftsmodell kennt, hat höhere Chancen auf Erfolg. Serial Entrepreneurs hingegen, welche sich in einem komplett neuen Umfeld betätigen, haben allerdings den Erstlingen kaum etwas voraus.
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Wir können Erfolg im Bereich Entrepreneurship nicht lehren, aber Unternehmerinnen und Unternehmer können lernen, erfolgreich zu sein – der beste Ansatz ist hier „Learning by doing“. Als Lehrpersonen können wir den Unternehmern Handwerkszeug vermitteln, aber die Auswahl, Gewichtung und Kombination dieses Handwerkszeug müssen die Unternehmer selbst vornehmen. Als Lehrpersonen und Begleiter müssen wir uns hüten davor, unsere Wahrnehmung von erfolgreichem Verhalten auf die Begleiteten zu übertragen – denn was für uns funktioniert hat, mag für sie nicht funktionieren, und umgekehrt.
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Der beste Prädiktor für unternehmerischen Erfolg ist unternehmerischer Erfolg. Es ist von enormer Wichtigkeit, so früh wie möglich die „Komfortzone“ zu verlassen und die neuen Ideen und Konzepte dem Markt anzubieten – und zwar gegen Entgelt. Der Trick besteht also darin, auch in frühen Phasen diejenigen möglichen Kunden und Partner zu finden, die bereit sind, Zeit und Geld in das Vorhaben einzubringen, so dass man die Sache gemeinsam vorantreiben kann.
Das Toolkit „Effectuation“ bietet einige sehr nützliche Denkhaltungen und Instrumente an – ich habe früher dazu geschrieben.
Literatur: Journal of Business Venturing und Journal of Business Venturing Insights.
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